17 Mai 2012

Das ist doch hier kein Gnadenhof


Die Chance auf einen Freispruch lag, sagen wir es statistisch, bei unter 25%. Deshalb schlug ich -nach ausführlicher Besprechung mit dem Mandanten, dass dann die Freispruchalternative natürlich gestorben wäre- vor, zu erwägen, ob nicht eine Einstellung nach § 153 StPO in Frage käme.

Das Gericht signalisierte Wohlwollen, anders der Herr Sitzungsvertreter, der meinte: "Das ist doch hier kein Gnadenhof!"

Als ich dann fragte, ob ich denn in einer Abdeckerei gelandet sei und ich es nicht mit einem Staatsanwalt sondern mit einem Schlachter zu tun habe, kam es kurzfristig zur Schnappatmung des Sitzungsvertreters und zu einer sehr konzentriert geführten Beweisaufnahme, in der der Sitzungsvertreter dann unter Beweis stellen konnte, dass er jede Spielart der Suggestivfrage beherrscht, damit aber "seine" Zeugen zerfragt, wenn jede seiner Fragen beanstandet werden muss, weil sie so suggestiv sind.

Hat meinem Mandanten viel Freude bereitet, das -um im Tierreich zu bleiben- Schlachtefest mit anzusehen.

Ich habe den Staatsanwalt nach Sitzungsschluss noch gefragt, ob ich ihn beim Zitat mit dem Gnadenhof namentlich erwähnen soll; wollte er nicht, verstehe ich gar nicht.

Ach ja: Es wurde übrigens ein Freispruch!



DEIN RECHT IST MEIN JOB
STRAFJURIST, bundesweite Strafverteidigung

1 Kommentar:

kj hat gesagt…

Wenn eine Tat nicht bewiesen werden kann, dann ist das so, das heißt aber nicht, das die Tat falls sie beweisbar wäre, ein geringfügiges Vergehen ist.

Daher handelt ein Staatsanwalt konsequent, wenn er bei einem Vorwurf, der nicht pille palle ist, lieber die Möglichkeit eines Freispruchs wählt, als eine Einstellung wegen Geringfügigkeit.

 

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