22 Juli 2008

Deutscher Richterbund will auf Richter verzichten, weil Staatsanwälte reichen

Eigentlich muss der unbefangene Betrachter schon dankbar sein, dass Richter und Staatsanwälte erst gar nicht versuchen, nach außen so zu tun, als sei das Vorurteil in der Bevölkerung, man mauschele entgegen der Idee von Gesetz und Verfassung doch zusammen, falsch.

Man gründet gemeinsam einen „Bund“, kann das Vertuschen dann aber doch nicht ganz lassen und nennt diesen Klüngel dann „Richterbund“, relativiert diese Vertuschung aber wieder, indem man sich einen Oberstaatsanwalt zum Vorsitzenden wählt.

Manch einer mag bei solch einer Konstellation natürlich an Böcke, Gärtner, Wölfe und Schafspelze denken, aber das wäre sicher zu kompliziert und möglicherweise eine Überforderung.

Man muss seinen Vorsitzenden einfach nur reden lassen, um zu verdeutlichen, dass man als Organisation vermutlich gar keinen Anspruch mehr erhebt, ernst genommen zu werden. Denn anders wäre kaum erklärbar, dass der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Herr Oberstaatsanwalt Christoph Frank, im „Focus“ vom 21.07.2008 auf Seite 14 bestätigt, dass er anregt, dass Richter seltener als bisher staatsanwaltliche Ermittlungen kontrollieren. "Auf den Richter verzichten, denn für Vieles reicht der Staatsanwalt!"

Herzlich gelacht habe sicher nicht nur ich darüber, dass der gute Mann auch noch Glauben machen will, dass die Verpflichtung der Staatsanwaltschaft zu strikter Objektivität etwas mit der Realität zu tun hat.

Man kann nicht ausschließen, dass der Bund der Gerechten und Guten irgendwann umfirmiert in den Deutschen Staatsanwältebund und dass dann über kurz oder lang die Mitgliedschaften der Richter einseitig und schmucklos seitens des Bundes gekündigt werden, denn:


"Auf den Richter verzichten, denn für Vieles reicht der Staatsanwalt!"

Es war schon immer so im Leben, dass es nur zwei Seiten gab: Die eine Seite, die verzichtet und die zweite, auf die verzichtet wird.

Ade, ihr lieben Richter.

16 Juli 2008

Der gut altbekannte Sachverständige ...

... stirbt nach neuerer BGH-Rechtsprechnung endlich den Heldentod.

Die allseits hochbeliebte Bequemlichkeit, immer wieder auf die "alten und bequemen" Sachverständigen zurückzugreifen (alte Säcke sind gute Säcke), ohne sich mit deren meist nicht mehr aktueller Sachkunde auseinanderzusetzen, wird vom BGH nicht mehr so einfach hingenommen. So formuliert in BGHSt, Beschluß vom 14. 11. 2007 - 2 StR 465/07, NStZ-RR 2008, Seite 70:

"Dass ein Sachverständiger „aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt“ ist, belegt im Übrigen für sich allein weder seine Sachkunde noch eine kritische Überprüfung des Gutachtens durch das Gericht."

03 Juli 2008

Rettungsbiss

Rettung in der Not: Mit einem Biss in sein Geschlechtsteil hat sich eine Frau in Heidelberg gegen einen mutmaßlichen Sexualtäter gewehrt. Die 23-Jährige konnte fliehen.
Quelle: spiegel

Wenn die Geschichte denn stimmen sollte, eine mutige Frau, die zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle das Richtige getan hat.

Leichte Revision

Manchmal machen es die Gerichte einem tatsächlich verhältnismäßig leicht, einen Revisionsgrund zu finden. Ein Mandant faxt mir sein Berufungsurteil zu, und beim Lesen der ersten Seite steht gedanklich der erste Revisionsgrund.

Wenn der Tenor schon lautet, dass irgend etwas auf die Berufung der Staatsanwaltschaft abgeändert wird, ohne dass ein Verteidiger beteiligt ist, freut sich das Revisionsführerherz, denn das ist in der Regel ein Fall der notwendigen Verteidigung, wenn sich schon erstinstanzlicher Richter und Staatsanwaltschaft nicht einig sind.

Der Rest des Urteils war auch nicht gerade prickelnd.

Überraschende und faire Beiordnung

Ich hatte meine Beiordnung beantragt wegen eines drohenden Bewährungswiderrufs von neun Monaten. Die Richterin ließ das von der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft abnicken. Ich befürchtet, nun geht der Kampf los, um eine zweite Bewährung zu erreichen.

Dann aber die Überraschung:Die Vorsitzende teilte mit, dass sie wegen des Vorwurfes des Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Urkundenfälschung trotz Bewährungsversagens so oder so nur eine Geldstrafe verhängen wolle, was meinem Mandanten sein Geständnis erheblich erleichterte.

Das war fair! Erlebt man leider selten, viele Richter stellen sich bei der Beiordnung höchst zurückhaltend an, selbst wenn die Voraussetzungen eindeutig vorliegen, als müssten sie die Pflichtverteidigergebühren aus eigener Tasche bezahlen.

02 Juli 2008

Fax und Original

Die Unkenntnis der Rechtsprechung seit Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts völlig unbestrittenen Rechtsprechung offenbarend begehrt ein Gericht mal wieder das "Original" dessen, was ich per Fax zur Verfügung gestellt habe.


Da fällt mir ein richtig blöder schöner Witz ein:


Warum benutzen Beamten immer dreilagiges Toilettenpapier?

Weil sie für jeden Scheiss zwei Kopien brauchen!

Suche nach dem Amtsgericht Seesen

So sieht es aus:



Und hier kann man es finden:

Blitzverhandlung

Manchmal lohnt es sich wirklich, eine Hauptverhandlung vor einem Strafgericht mit einer schriftlichen Stellungnahme vorzubereiten.

So auch heute vor dem Amtsgericht Seesen. Nach meinem Fax vor einigen Tagen hatte der Strafrichter offenbar schon intensiv mit dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft erörtert, was alles geschehen könne, wenn die Sache "streitig" verhandelt wird.

Deshalb wurde ich mehr oder weniger bei Betreten des Saales mit der Frage begrüßt, wie es denn mit einer Einstellung nach § 153 StPO wäre. Nicht nur in Anbetracht des herrlichen Wetters und weil ich diese Lösung als möglich mit dem Mandanten vorbesprochen hatte, stimmte ich sofort zu. Resümee: Beginn der Verhandlung 11.00 Uhr, Ende der Verhandlung 11.01 Uhr.

Nicht schlecht.

01 Juli 2008

Freispruchantrag für schwarze Witwe

Im Prozess gegen die als "Schwarze Witwe" bekannt gewordene ehemalige Prostituierte Lydia L. wegen vierfachen Mordes hat die Verteidigung am Dienstag Freispruch beantragt. Für eine Beteiligung der 69-Jährigen an den Morden gebe es "keine objektivierbaren Beweise", sagte der Verteidiger bei seinem Plädoyer vor dem Landgericht Göttingen. Der Mitangeklagte Siegmund S. habe ihre Beteiligung erfunden, um sich für seine enttäuschte Liebe zu rächen. Der Verteidiger des 53-jährigen Gelegenheitsarbeiters S. schloss sich im Wesentlichen der Staatsanwaltschaft an und beantragte für seinen Mandanten eine Haftstrafe von höchstens 15 Jahren.
Quelle: afp

Ein mit Spannung erwartetes Urteil.

Tomaten auf den Augen

Ein Jugendrichter ist dem Angeklagten wohlgesonnen.

Er schaut sich ein Video an, auf dem zu erkennen ist, dass der Angeklagte, bekleidet mit schwarzer Hose, schwarzem Kapuzenpullover mit Kapuze auf dem Kopf und tief im Gesicht und mit dunkler Sonnenbrille in erster Reihe einer Gruppe steht, aus der heraus deutlich hörbar von 10 auf 1 runtergezählt wird. Bei 1 bewegen sich die Gruppe und auch der Angeklagte nach vorne, wobei der Angeklagte in der Vorwärtsbewegung auch noch die Hände hebt und sich dabei mit den anderen in Richtung einer Polizeikette bewegt. Fast alle aus der Gruppe sind schwarz gekleidet.

Ein Polizeibeamter geht von einem Angriff aus und schlägt dem Angeklagten an das Kinn, der kurz hinfällt und später ausdrücklich auf einen Strafantrag verzichtet.

Der Richter ermahnt den Angeklagten und gibt die Akte mit dem Vermerk zur Staatsanwaltschaft man möge wegen Körperverletzung im Amt gegen den Polizeibeamten Ermittlungen einleiten, u.a., weil der angeklagte Heranwachsende "erkennbar" nicht zu der Gruppe gehörte, die die Polizeikette durchbrechen wollte.

Das, nachdem dieser Heranwachsende selbst bekundet hatte, in der ersten Reihe der Gruppe gestanden zu haben.

Nachtschattengewächse auf Richteraugen bilden einen interessanten farblichen Kontrast zu schwarzen Roben.

Knapp und überzeugend, Herr Schomerus

Gegen den erbitterten Widerstand der Staatsanwaltschaft Braunschweig, die entgegen der herrschenden Meinung die Staatskasse schonen wollte, erfolgte ein Beiordnungbeschluss durch den Vizepräsidenten des Landgerichts Braunschweig, Herrn Schomerus (4 Ns 172/07) mit der knappen und überzeugenden Begründung:

Dem Angeklagten wird RA W.S. als Pflichtverteidiger bestellt, da die Voraussetzungen des § 140 II StPO nach dem Merkmal der Schwierigkeit der Rechtslage vorliegen.

Dieses Merkmal, bei dem es grundsätzlich auf die Befähigung des Angeklagten zur Teilnahme am Disput ankommt, ist in der Regel dann erfüllt, wenn, wie hier, die Rechtslage - auch nur bezüglich der Einschätzung der Rechtsfolgen - von dem erstinstanzlichen Gericht und der Staatsanwaltschaft unterschiedlich beurteilt wird.
 

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